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Thema: Knickrute

 

Die Selektion der betroffenen Tiere erfolgt durch die Betastung der Rute bei der Wurfabnahme und bei Zuchtveranstaltungen.
Es konnte allerdings bis zum Zeitpunkt der Untersuchung keine Reduzierung der Häufigkeit von Rutenfehlern erreicht werden. Dafür kommen mehrere Ursachen in Frage: Manche Rutenfehler werden erst im Alter von 7 – 8 Monaten deutlich und sind deshalb bei der Welpenabnahme noch nicht erkennbar, nicht alle erkannten Rutenfehler werden dem Klub gemeldet und ein großer Teil ist nur röntgenologisch nachweisbar.
Es besteht aber keine Pflicht zur Röntgenuntersuchung aller Zuchttiere. Die Röntgenuntersuchung spielt immer häufiger eine entscheidende Rolle in Zweifels- und Streitfällen, wobei besonders die Unterscheidung der angeborenen Veränderungen von den durch Gewalteinwirkung (Trauma) entstandenen immer wieder zu Diskussionen Anlass gibt. Im Folgenden sollen hier meine persönlichen Erfahrungen aus 6 Jahren gutachterlicher Tätigkeit für den DTK und in geringerem Maße auch für andere RZV wiedergegeben werden.
Material: Untersucht und beurteilt wurden die Ruten von 124 Hunden mit folgender Rasseverteilung:
101 Teckel, 5 Dt. Doggen, je 4 Labrador R. und BSH, je 2 DSH und Neufundländer und je 1 American Bulldog, Briard, Golden Retriever, Landseer, Rhod. Ridgeback und Setter.
In 51 Fällen lag schon eine tierärztliche Bescheinigung zum Vorliegen einer Knickrute vor.
In 7 Fällen erfolgte nur eine Befundbeschreibung ohne wertende Aussage.
13- mal stimmte die Bescheinigung mit der endgültigen Beurteilung überein und bei 31 Hunden bestanden unterschiedliche Auffassungen über die vorliegenden Befunde an den Rutenwirbeln.
Dies erscheint nur auf den ersten Blick erstaunlich. Über die röntgenologische Beurteilung der Rutenwirbel und ihrer Veränderungen finden sich weder in Büchern der Röntgendiagnostik noch in anderen Publikationen ausreichend Informationen, so dass Kenntnisse darüber nicht unbedingt vorausgesetzt werden dürfen.

Fehlbildungen von Wirbeln. Ich möchte deshalb anhand von Röntgenbeispielen die häufiger auftretenden Formen angeborener Wirbelveränderungen vorstellen.

BLOCKWIRBEL Zwei oder mehr aufeinanderfolgende Wirbel sind vollständig oder teilweise miteinander verwachsen. Mögliche Ursachen: Störung bei der Segmentation der Urwirbelsäule oder bei der Segmentverschiebung zur Bildung der endgültigen Wirbel.

HALBWIRBEL (Keilwirbel) In einer bestimmten Entwicklungsphase besteht die Anlage der Wirbelkörper aus einer rechten und einer linken Hälfte. In der weiteren Entwicklung kann die Verknöcherung einer dieser Hälften ausbleiben oder nur unvollständig sein. Die knorpelige Hälfte ist weniger stabil. Es kommt zu einer Achsenknickung der Wirbelsäule und zu einer keilförmigen Deformation der anderen Hälfte. Man spricht hier von seitlichen Halbwirbeln (Keilwirbeln). Die können aber auch entstehen, wenn die Segmentverschiebung zur Bildung der endgültigen Wirbel in der rechten und linken Hälfte der Wirbelsäule nicht gleichmäßig erfolgt. Die oben beschriebenen Wirbelhälften haben beide einen oberen und einen unteren Verknöcherungskern. Treten die schon beschriebenen Störungen der Verknöcherung auf, kann es zur Bildung oberer bzw. unterer Halbwirbel kommen, die ebenfalls keilförmig umgebildet werden können.

MISCHFORMEN Es können die verschiedensten Kombinationen von Wirbelfehlbildungen auftreten. Das Resultat ist dann auf dem Röntgenbild nicht eindeutig einer bestimmten Form der Entwicklungsstörung zu zuordnen. Besonders diese Formen können Probleme bei der Abgrenzung zu erworbenen Wirbelveränderungen bereiten.


HÄUFIGKEIT Von den 124 ausgewerteten Hunden zeigten 24 keine pathologischen Wirbelveränderungen an der Rute, bei 11 konnten die Veränderungen an der Rute sicher bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine traumatische Einwirkung zurückgeführt werden. Bei 89 Hunden wurden angeborene Wirbelfehlbildungen diagnostiziert. Sie teilten sich folgendermaßen auf: 51 Hunde mit Keilwirbeln, 25 Hunde mit vollständigen und 20 Hunde mit unvollständigen Blockwirbeln (Keilwirbel und Blockwirbel: 11), 4 Hunde mit nicht eindeutig einzuordnenden Fehlbildungen.

LOKALISATION Das Auftreten von Wirbelfehlbildungen im Sinne einer Knickrute ist nicht gleichmäßig auf die gesamte Rutenlänge verteilt. Schwerpunktmäßig finden sie sich zwischen dem 5. und 8. Rutenwirbel (15) und besonders im letzten Drittel der Rute (68), vorwiegend im Bereich der letzten 4 Wirbel. Dem mittleren Abschnitt konnten nur 6 veränderte Wirbel zugeordnet werden. Bei den durch Trauma bedingten Wirbelveränderungen sieht die Verteilung anders aus: vorn 1, in der Mitte 6 und im hinteren Drittel 5 der betroffenen Wirbel. Diese Aufteilung ist in Bezug auf den vorderen und mittleren Abschnitt nicht ganz zuverlässig, da die Rute nicht immer vollständig auf den Röntgenaufnahmen abgebildet war. Die auffällige Häufung der angeborenen Veränderungen zwischen 5. und 8. Wirbel und im letzten Drittel der Rute unterstützt die Annahme einer genetischen Praedisposotion. Sie führt aber auch dazu, dass nach der Feststellung eines Rutenknickes immer wieder zwei Unfallarten aus der Erinnerung im Nachhinein als Ursachen angegeben werden: Ausrutschen, und dabei rückwärts gegen ein Hindernis gestoßen (Veränderungen im ersten Drittel) und Einklemmen der Rute in eine Tür (hinteres Drittel).

Schlussbemerkungen
VORGEHEN BEI UNFÄLLEN In den meisten Fällen ist unter Berücksichtigung der oben aufgeführten Fakten eine Zuordnung von Veränderungen der Rutenwirbel zu ”angeboren” bzw. ”erworben” eindeutig zu treffen.
Es gibt aber auch Fälle, in denen der Gutachter nicht ausschließen kann, dass es sich um eine erworbene Veränderung handelt. Wenn aber nicht eindeutige Beweise dafür vorliegen, wird in der Regel eine angeborene Veränderung angenommen. In dieser Weise wird ja auch bei der HD-Beurteilung vorgegangen. Auch hier kann man im Einzelfall nicht ausschließen dass eine Veränderung des Hüftgelenkes durch ein früheres Trauma hervorgerufen wurde.
Der DTK akzeptiert deshalb ein Trauma als Ursache für einen Rutenfehler nur dann, wenn ein ”Unfall mit blutiger Zusammenhangstrennung” vorliegt, der tierärztlich bescheinigt und röntgenologisch dokumentiert wurde. Dies macht natürlich nur Sinn, wenn die tierärztliche Untersuchung sofort geschieht und nicht Monate später Bescheinigungen auf der Basis von Vorberichten ausgestellt werden.

RÖNTGENTECHNIK Die korrekte Begutachtung von Wirbelveränderungen setzt voraus, dass technisch einwandfreie Röntgenaufnahmen vorliegen. In Anbetracht der oft sehr kleinen Objekte ist eine hohe Detailerkennbarkeit erforderlich. Es sollte möglichst die gesamte Rute in zwei senkrecht zueinander liegenden Projektionen abgebildet werden.


MEDIZINISCHE ASPEKTE Medizinisch gesehen, steht die Knickrute sicher nicht im Vordergrund bei der Betrachtung genetisch bedingter Veränderungen beim Hund. Es muß also jeder Rassezuchtverein entscheiden, welche Bedeutung er diesem Problem zumisst. Bei den von Petra Ost an Teckeln durchgeführten Untersuchungen konnte kein Zusammenhang zwischen dem Auftreten angeborener Wirbelveränderungen an der Rute und Erkrankungen der restlichen Wirbelsäule festgestellt werden. Auch war bei den betroffenen Tieren keine Veränderung der Rutenlänge im Vergleich zur Gesamtpopulation zu finden.
Dennoch sollte man diesem Problem nicht nur aus ästhetischer Sicht Beachtung schenken. Wozu es führen kann, wenn ganz bewusst auf Wirbelfehlbildungen der Rute gezüchtet wird, um eine bestimmte Rutenform zu erreichen (Korkenzieherrute), lässt sich bei den betroffenen Rassen zeigen. Hier kommt es begleitend zu einer signifikant erhöhten Zahl von Missbildungen auch in anderen Abschnitten der Wirbelsäule (besonders Brustwirbelsäule), z.T. mit erheblichen Folgen für die Gesundheit.
Zur Zeit werden an der Veterinärmedizinischen Universität in Wien von Frau Dr. Breit (Anatomie) und Frau Dr. Gumpenberger (Röntgenklinik) Untersuchungen durchgeführt, die zeigen sollen, inwieweit auch degenerative Prozesse zu Erscheinungen führen können, die zur Zeit noch zu den angeborenen Veränderungen gezählt werden. Die endgültige Abklärung der genetischen Bedeutung von Rutenfehlern erfordert einen sehr hohen Aufwand. Es muß überlegt werden, ob dieser der Bedeutung des Problems angemessen ist oder ob man in Kauf nimmt, dass ein gewisser Grad von Fehleinschätzungen bei der Beurteilung von Knickruten auftritt.

 

Quelle: Dr. Bernd Tellhelm, Chirurgische Veterinärklinik – Kleintierchirurgie –, Justus-Liebig-Universität Giessen
 

 

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